Mülheim: MBI* erneuern ihre Forderungen nach vorbeugendem Hochwasserschutz

*Mülheimer Bürger-Initiativen

Die verheerenden Auswirkungen der enormen Starkregen der letzten Woche sind in Mülheim zum Glück dieses Mal insgesamt glimpflicher verlaufen als in anderen Teilen von NRW oder Rheinland-Pfalz. Es ist seit vielen Jahren bekannt, dass auch im gemäßigten Klima von Mitteleuropa Starkregen immer häufiger auftreten und damit die Überschwemmungsgefahr eben nicht mehr vorrangig nur in Zeiten der Schneeschmelze in den Bergen besteht. Die notwendigen Schutzmaßnahmen für Katastrophenschutz und –einsatz funktionieren zumeist gut, doch im Bereich des vorbeugenden Hochwasserschutzes liegt auch in Mülheim einiges im argen. Die MBI wiederholen deshalb ihre Forderungen:

1.) Tabuzonen für jegliche weitere Bebauung festzuschreiben und 2.) ein verstärktes Entsiegelungsprogramm endlich wieder neu aufzulegen, 3.) die eigentlich gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung von Möglichkeiten der Regenversickerung für zumindest alle Neubauten auch konsequent umzusetzen sowie 4.) ein Wieder-Begrünungsprogramm zumindest für die Innenstadt. Die MBI werden dazu in Planungs-, Umwelt- und Wirtschaftsausschuss entsprechende Anträge stellen.

Die Liste der städtebaulichen Mülheimer Sünden gegendie  Erfordernisse des Hochwasserschutzes allein in den letzten 20 Jahren ist lang, hier sei beispielhaft nur Ruhrbania in der Innenstadt genannt, das Areal mit den ehemals vielen wunderschönen alte Bäumen, etliche davon sogar eingetragene Naturdenkmäler. Alles zerstört ab 2008.

Weil neben diesen und anderen Kraftakten für Ruhrbania weitere gigantische städtische Vorleistungen wie u.a. das Umkrempeln der vorher unübersichtlichen Verkehrsführung in eine noch schlechtere nötig war, ergab sich folgerichtig die Hyperverschuldung der Stadt.

Nun fehlt anscheinend das nötige Geld

Die Auswirkungen des Klimawandels vor Ort zu begrenzen, ist vorrangig eine kommunale Aufgabe. Das betrifft insbesondere die Vermeidung weiterer Bodenversiegelung bzw. die Zurückgewinnung schon betonierter und bebauter Flächen. Versiegelte Böden erhöhen die Hochwassergefahr, senken den Grundwasserspiegel und verschlechtern das Stadtklima. Die heißeren Sommer erfordern zusätzliche Begrünung durch mehr und vor allem auch stärker bewachsene Flächen (also nicht bloß Rasen, ganz abgesehen von Steinvorgärten), Straßenbäume, Dach- und Fassadenbegrünung. Die Überschwemmungsbereiche der Ruhraue und des Rumbachtals inkl. der Hänge zum Tal hin müssen von jeglicher zusätzlicher Bebauung freigehalten werden.

Ein wesentlicher Bereich bei Klimafolgenanpassung muss im unbedingten Schutz der verbliebenen Teile der regionalen Grünzüge bestehen. Die MBI hatten deshalb den Antrag gestellt, die Flächen von Hexbach- und Winkhausertal und der Ruhrhöhen inkl. der Hänge zum Rumbachtal zu Tabuzonen für jegliche weitere Bebauung zu erklären. Nur so kann eine weitere Verschlechterung der Durchlüftung der Stadt aufgehalten werden. Noch wurde der MBI-Antrag verschoben und nicht richtig ernst genommen.

Das in den 90er Jahren begonnene Entsiegelungsprogramm wurde später sang- und klanglos ad acta gelegt. Für Ruhrbania wurde die Innenstadt zur Betonwüste, auch in den Stadtteilen, vor allem den Stadträndern wurden haufenweise Grünflächen und noch mehr Bäume dem Bauwahn der letzten Jahre geopfert.

Neuerdings dienen Fahrradwege als Rechtfertigung für großflächige Baumfällaktionen wie am Bahndamm in Broich oder entlang des geplanten RX 1 von Saarner Straße bis Katzenbruch. Selbst die Baumallee Leineweberstraße konnte nur durch massiven Bürgerprotest erhalten werden, nachdem in den Gremien einzig die MBI gegen die Entfernung gestimmt hatten. Kurzum: Trotz aller Lippenbekenntnisse, Gutachten zu Klimaschutz und sogar Ausrufung von Klimanotstand hat sich bei grundlegenden Fragen in Rat und Verwaltung wenig geändert.

Die MBI fordern deshalb weiterhin:

· Neuauflage eines umfassenden Entsiegelungsprogramms für Schulhöfe, Verkehrsflächen, Parkplatzflächen usw.

· Wieder-Begrünungsprogramm insbesondere für die Innenstadt mit Bäumen

· Kein weiteres Vergolden von Ackerflächen wie geplant an der Tinkrathstraße, dem Fulerumer Feld, dem Schlippenweg oder in Selbeck usw.

Flächenverbrauch, Bauwut und Zerstörung verringern

Durch inflationäre Ausweisung von neuen Wohnbauflächen und Gewerbegebieten versuchen die Ruhrgebietsstädte, sich gegenseitig Einwohner und Gewerbebetriebe wegzunehmen. Zusätzlich wird mit geradezu abenteuerlichen Baugenehmigungen nach §34 BauGB (Baulückenschließung) im Innenbereich verdichtet, was das Zeug hält.

Aber auch die Nutzung für Freizeitanlagen, wie z.B. Golfplätze, oder die Erschließung auch des letzten Winkels durch Wanderwege oder Fahrradstraßen sind in dem Sinn Flächenverbrauch, dass diese Bereiche mehr oder weniger ihre ökologische Funktion verlieren. Mülheim hat in der Ruhraue mit dem durch europäisches Recht geschützten Flora-Fauna-Habitat-Gebiet und den wertvollen Wassergewinnungsflächen, die seit Jahrzehnten nicht betreten werden dürfen, insbesondere auch für seltene Vogelarten viel zu bieten. Aber auch die Bachläufe stellen eine Besonderheit dar, eine möglichst großzügige Schutzausweisung der Bachtäler ist notwendig.

Weitere MBI-Forderungen zur Flächennutzung im einzelnen:

· Schluss mit den Plänen von „floating homes“ auf der Ruhr!

· Ausweisung von striktem Naturschutz für alle Wassergewinnungsflächen

· keine weiteren Bebauungspläne für Wohn- und Gewerbegebiete in bestehenden Grün- und Freiflächen, auch nicht in gesetzlich weniger geschützten Garten-oder Grabelandflächen wie an der Holz-, der Kamp- oder der Gertrudstraße

· restriktivere Handhabung des §34 im Innenbereich und des § 35 im Außenbereich (z.B. Friedhofstraße, Otto-Pankok-Straße, Rücknahme Landschaftsschutz Aubergweg, Lönsweg, Stockweg die alle von den MBI abgelehnt wurden)

 

Fazit:

Ersetze in den wichtigen Passagen Mülheim durch Duisburg und Du hast eine 1:1-Kopie dessen was auch bei uns seit Jahren passiert und noch passieren wird. Ein Blick auf die Neubauten wie Portsmouth-Platz mit Mercator One oder LANUV und Verwaltungshochschule hinter dem Bahnhof genügen.

Dann die kommenden Flächenversiegelungen in 6-Seen-Wedau und auch Am alten Güterbahnhof (Duisburger Dünen) sowie Am alten Angerbach. Womöglich noch das Neubauvorhaben Rahmerbuschfeld.

Alles wenig bis gar nicht klimafreundlich. Und von der hiesigen Grünen hört man wie in Mülheim rein gar nichts. Die sind wohl mehr damit beschäftigt sich auf ein wohliges Auskommen als Parlamentarier einzurichten, wenn sie dann im September wahrscheinlich in grösserer Zahl in den Bundestag einziehen.