Paket-Abgabe für den Onlinehandel: Erst Precht jetzt auch die CDU

Der inzwischen ziemlich bekannte Philosoph, TV-Moderator und Buchautor Richard David Precht (Jahrgang 1964) stammt aus Solingen und lebt heute in Düsseldorf.  In einer Markus-Lanz-Sendung hatte er in diesem Jahr den Niedergang der City in seiner Geburtsstadt beschrieben und eine nicht gerade geringe Steuer auf Online-Geschäfte ins Spiel gebracht.

In fast das selbe Horn, es heisst Paketabgabe, tutet seit ein paar Tagen auch die CDU und hat damit erhebliche Diskussionen verursacht und angeschoben. Corona hat die bisher schon desolate Situation des Einzelhandels und die der Innenstädte noch weiter verschärft. Ursache für die auch ohne Corona angespannte Lage sind u.a. die grossen Online-Wettbewerber wie Amazon, Otto und Co. Wer es sich leisten konnte hat rechtzeitig neben dem stationärem Handel zusätzlich ein Online-Geschäft auf- und ausgebaut – auch mit Hilfe von Amazon als Plattform und Mitverdiener.

Und Amazon steht deshalb massiv in der Kritik weil das Unternehmen den Online-Handel ziemlich dominiert und sich vor allem mit allerlei findigen weltweiten Steuerschlupflöchern einer Besteuerung zu entziehen vermag, der z.B. besonders die kleinen stationäre Einzelhändler mit höchstens zwei Filialen unterliegen. Das schafft einen nicht unerheblichen Preis- und somit Wettbewerbsvorteil und ein ziemlich grosses Investitionspotential.

Ein weiterer Vorwurf: Amazon nutzt die Infrastruktur beteiligt sich aber quasi finanziell nicht an ihrer Erhaltung.

Die Politik hätte längst etwas gegen die bekannten Probleme unternehmen können. Eine Paketabgabe die den Innenstädten über Fonds zugute kommen soll hört sich z.Z. erstmal gut an, ist aber sicherlich vor allem den Folgen von Corona und der bevorstehenden Bundestagswahl geschuldet.

Denn prinzipill greift sie zu kurz und „bestraft“ gleich auch alle in Deutschland „sitzenden“ Online-Händler die hier brav alle Steuern zahlen. Wobei die mit einem Laden bzw. Filialsystem keine Abgabe leisten sollen. Dann wird es sicher findige Online-Händler geben (inkl. Amazon) die mal eben irgendwo auf dem Land ein paar Filialen eröffnen – vllt. sogar unter einem gemeinsamen Dach mit möglichst wenig Personal und abgespeckten Sortimenten.

Bevor mal allerdings tatsächlich eine solche Abgabe konkretisiert sollte man erstmal konkretisieren was denn alles zum Leidwesen des stationären Einzelhandels in Deutschland im Wesentlichen beiträgt. Meiner Meinung nach sind das folgende Gründe ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

a) Online-Konkurrenz
b) Nachfolge- und Nachwuchsprobleme
c) Service- und Verkaufsmängel beim Personal, schlechte Bezahlung
d) Billiganbieter, Preisdumping, geringe Margen
e) hohe Mieten in 1a-Lagen, Uneinigkeit der Vermieter
f) schlechte Frequenzen in 1b- und niedrigeren Lagen
g) schlechtes Marketing, falsches Angebots-/Branchenmix in Shopping-Zonen
h) mangelnde Kaufkraft
i) Filialisierung und Franchising
j) Preis- und Qualitätstransparenz durch Preisvergleichs- und Bewertungsportale
k) einfallslose Verbände und Funktionäre
l) preissensible Kundschaft, Schnäppchenmentalität
m) Ideen- und Konzeptlosigkeit, Uniformität der Shopping-Zonen

Etliche der vorgenannten Gründe bedingen einander und multiplizieren bestimmte negative Effekte. Zu viele Filialisten bedingen höhere Mieten, bedingen mehr Uniformität, bedingen Preiskämpfe usw.

Nur Amazon & Co. als Verursacher der Misere heranzuziehen wäre viel zu wenig.

https://www.onlinehaendler-news.de/e-recht/gesetze/134123-union-paketabgabe-online-handel

https://www.zeit.de/news/2020-12/19/bericht-cdu-abgeordnete-wollen-abgabe-fuer-onlinehandel

Übrigens: Amazon ist nicht nur im Onlinehandel tätig oder einer der grössten Serverplatz-Provider, sondern steigt sukzessive auch in andere Branchen ein. Hier ein Beispiel für ein neues Projekt im Kampf um Taxikunden:

https://mashable.com/article/zoox-robotaxi-reveal-amazon/?europe=true

Und auch Geschäftsmodelle die bisher vielfach mit persönlicher Präsenz verbunden waren „gehen“ zunehmend online, was widerrum zu geringeren Frequenzen in den Einkaufszonen führt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Telearzt

https://www.handelsblatt.com/arts_und_style/kunstmarkt/rueckblick-auf-den-kunstmarkt-2020-auktionshaeuser-sind-die-gewinner-in-der-krise/26727448.html