Heimat hat viele Wurzeln und ein paar sehr dunkle Schattenseiten

Die Stadt Duisburg verlieh in der letzten Woche, am 7. Dezember, zum fünften Mal den Heimat-Preis unter dem Motto „Duisburg – Heimat hat viele Wurzeln“.

Drei Preisträger wurden durch eine Jury, bestehend aus Mitgliedern des Kulturausschusses, gewählt. Ausgezeichnet wurden Projekte, die von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und unterschiedlicher Herkunft gemeinsam gestaltet wurden. Die Projektbeteiligten zeichnen sich durch ein hohes ehrenamtliches Engagement aus und setzten generationsübergreifend Zeichen für ein offenes und tolerantes Miteinander. Soweit die Stadt in einer Presseerklärung dazu.

Das Preisgeld in Höhe von 15.000 Euro wurde auf die drei Preisträger, die Projektgruppe des Abtei Gymnasiums, den Verein City-Wärme e.V. sowie das „Parkhaus“ vom Verein Jugendkultur DU-Nord e.V., aufgeteilt.

Der „Heimat-Preis“ ist eine Initiative der Landesregierung NRW, um in den Kommunen das herausragende Engagement von Menschen für die Gestaltung der Heimat vor Ort in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Besonders interessiert hat mich dabei die Projektgruppe des Abtei Gymnasiums namens „Das Abtei vergisst nicht.“.

Man engagiert sich seit Jahren für die historische Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Duisburg. Zahlreiche Projekte werden durch die Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 bis 12 initiiert und umgesetzt.

Aktuell wird eine Graphic Novel erarbeitet, in der die Biografie zweier Kinder aus Hamborn nachgestellt wird, die ihre Heimat unter dem NS-Regime verloren haben. Die Graphic Novel soll an Duisburger Grundschulen verteilt werden und so bereits Kindern im Grundschulalter den Zugang zu der Thematik ermöglichen.

Grund für mein Interesse ist u.a. eine Zwangsarbeiter- bzw. Zivilarbeiterlager-Liste (der Link ist etwas weiter unten). Über 140mal taucht die Stadt Duisburg darin auf sowie etliche klangvolle Namen von Duisburger Unternehmen die es auch heute noch gibt. Wie z.B. der von Espera, einem Mittelständler mit über 90jähriger Geschichte der weltweit tätig ist.

Espera hatte ich vor einigen Wochen mind. dreimal angeschrieben und um eine Stellungnahme dazu gebeten, ob das Familienunternehmen seine Vergangenheit in der NS-Zeit aufgearbeitet hätte – auch in Bezug auf das Auftauchen in dieser besagten Liste. Hier der Link:

https://ns-in-ka.de/wp-content/uploads/2017/06/Liste_Unternehmen.pdf

Espera hat nicht ein Mal reagiert und reiht sich ein in die lange Reihe derer die genauso verfahren. Ob in puncto Einsatz von ZwangsarbeiterInnen oder in puncto Geschäftsübernahmen von Juden und Jüdinnen usw. usf. Die Recherche erfolgte übrigens nicht für DUISTOP und diesen Artikel, sondern im Zusammenhang mit einem anderen Projekt über Rassismus.

Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Hertie-Stiftung die Geschichte des Hertie-Kaufhaus-Konzerns während der NS-Zeit nun endlich hat aufarbeiten lassen. Erst auf Drängen von Studierenden an der Hertie School of Governance.

https://www.die-stiftung.de/vermaechtnis/hertie-stiftung-was-geschah-damals-90838/

Meine zusätzlichen Fragen an die Stiftung Familienunternehmen im Netz zu finden unter www.familienunternehmen.de, ergaben eine meiner Ansicht nach erschreckende Haltung und ein Desinteresse für das Thema, so als sei man gar nicht zuständig. Was vllt. im technischen Sinne der Fall sein mag, da der Stiftungszweck ein ganz anderer ist als sich mit der NS-Zeit zu beschäftigen.

Was mir dabei überhaupt nicht in den Kopf will ist der Grund für diese Oberflächlichkeit und teilweise Ignoranz, gerade in der jetzigen Zeit. Zwar gibt es Verlautbarungen wie man aktuell zum Anti-Semitismus steht, aber mit Geschichtlichem und Vergangenem, sofern es als belastet gilt, will man lieber nichts (mehr) zu tun haben.

Und: Alle Personen in betroffenen Unternehmen die sich heute mit der NS-Zeit und der möglicherweise unrühmlichen Rolle „ihrer“ Firma damals beschäftigen waren selbst keine TäterInnen und könnten sich aus Anstand damit  beschäftigen. Geschätzt wird, dass rund 50% aller betreffenden Unternehmen dies bis heute noch nicht getan haben.

Hier mein Schreiben an Espera (vor einigen Wochen) – wie gesagt mind. drei Mal ohne jede Reaktion:

Guten Morgen,

ich recherchiere u.a. zu Familienunternehmen in bezug auf die Aufarbeitung der NS-Zeit, insbesondere in Bezug auf den Einsatz von ZwangsarbeiternInnen.
Auf im Internet kursierenden Listen befindet sich neben Duisburger Unternehmen die inzwischen teils städtische Beteiligungsunternehmen sind auch der Name „Espera“ mit dem Hinweis auf ein Zivilarbeiterlager was einem Zwangsarbeiterlager entspricht.

Dazu gibt es auf Ihrer Website nichts vermerkt.

Meine Fragen:

Gab es ein solches Lager während der NS-Zeit (1933 – 1945) bei Espera, wenn ja von wann bis wann und wieviele Menschen aus welchen Ländern mussten dort was genau machen?

Wurde Espera von den NAZIS dazu verpflichtet oder gab es eine Art Freiwilligkeit/Anbiederung aufgrund von Parteinähe/Mitgliedschaft in der NSDAP von Leitungspersonen bei ESPERA?

Sie haben laut meiner Recherchen auch in einen Entschädigungsfonds einbezahlt, ist das korrekt und wenn ja wofür wurde bezahlt und wieviel wurde bezahlt?

Falls das alles zutrifft, warum thematisieren Sie dies mit keinem Wort öffentlich – u.a. auf Ihrer Website?

Mit freundlichem Gruß

DUISTOP
Stadtmagazin für Duisburg
www.duistop.de

Michael Schulze

 

Abschliessend folgende Anmerkungen:

Es geht mir hier nicht gezielt um Espera. Ich kenne dort niemanden. In der Liste (s.o. Link) sind wie beschrieben noch zig andere Duisburger Unternehmen genannt die auch an anderen Fundstellen im Netz auftauchen. Manche gibt es heute nicht mehr, andere klangvolle Namen sind immer noch aktiv.