Wenn nix mehr hilft, dann Brandschutzmängel. In Mülheim wie in Duisburg.

Gastbeitrag von den MBI aus Mülheim zum Thema Volkshochschule(VHS)

„Ein Musterbeispiel für Volksverarschung.“ (Michael Schulze)

 

Zur Erinnerung

Die Mülheimer Volkshochschule an der Bergstraße wurde 1979 eröffnet. 2004 wurde sie bei der 25-Jahr-Feier von hochrangigen Politiker/innen diverser Couleur in allerhöchsten Tönen als besonders vorbildlich gelobt.

Bei den Brandschauen 2007 wurden diverse Brandschutzmängel aufgelistet, u.a. die fehlende Schottung in den Durchbrüchen. Deshalb wurde im Haushalt 2008 über 2 Mio. € im Haushalt eingestellt für VHS-Sanierung, die aber in der Folge Jahr für Jahr zwar im Haushalt standen, aber bis heute nie abgerufen wurden.

Von 2009 bis 2012 wurde die VHS für Gremiensitzungen der Lokalpolitik genutzt, weil das Restrathaus des historischen Teils für über 50 Mio. € saniert wurde, während der Rathausneubau kurz vorher für Ruhrbania (Anmerkung: ein Innenstadt-Umbau-Projekt) abgerissen worden war.

2013 forderte die MST-Chefin (Anmerkung: Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus)  dann anstelle der VHS ein Hotel am MüGa-Rand (Anmerkung: Mülheimer Gartenschau) für Teilnehmer an Kongressen in der Stadthalle, doch sie stieß nur auf vehemente Kritik aus der Bürgerschaft.

2014 erklärte OBin Mühlenfeld kurz nach den Kommunalwahlen, dass man sich mit dem VHS-Gelände für die Sparkassen-Akademie beworben habe. Die große Ratsmehrheit folgte dem bereitwillig in allen Punkten, ein B-Plan dazu wurde eingeleitet und der Immobilienservice stellte einen Abrissantrag. Die MBI beantragten Prüfung auf Denkmalschutz beim Landeskonservator. Die BI „Erhalt unserer VHS in der MüGa“ wurde gegründet mit dem Ziel, bei Zuschlag für die Spk.-Akademie ein Bürgerbegehren zu starten. Im Dezember erhielt dann Dortmund den Zuschlag für die Spk.-Akademie.

2015 musste der B-Plan wieder eingestampft werden, der Abrissantrag aber wurde bis heute nicht zurückgezogen. Die LVR-Denkmalbehörde bescheinigte die Denkmalwürdigkeit der VHS, allerdings zog sich die Eintragung in die Denkmalliste noch über 1 Jahr hin, weil die Stadt Mülheim blockierte, wo immer möglich.

Im Dez. 2015 präsentierte OB Scholten eine neue Variante zur VHS-Verlagerung, und zwar in das zukünftige Gebäude auf dem ex-Kaufhof-Gelände. Die BI nahm die Arbeit wieder auf und hatte für den Fall des geplanten Beschlusses im Rat Ende Jan. 2016 bereits ein Bürgerbegehren vollständig vorbereitet.

Kurz vor dem Ratsbeschluss blies die Verwaltungsspitze im Jan. 2016 das Vorhaben ab und der Kämmerer präsentierte, dass diese VHS-Alternative die Stadt viel teurer käme als die VHS-Sanierung.

Trotz aller Verzögerungsversuche der Stadt musste die VHS Ende 2016 in die Denkmalliste eingetragen werden, das zugehörige Fachgutachten des LVR bescheinigte dem Gebäude und seiner Funktionalität Einzigartigkeit und herausragende Bedeutung.

Im Feb. 2017 wurde nach 10 Jahren immer währender Verzögerung (trotz im Etat jeweils eingestellter Mittel) endlich die spätestens seit dem Gutachten 2012 feststehende notwendige Brandschutzsanierung im Sommer beschlossen. Die Arbeiten begannen aber entgegen des Beschlusses erst gegen Ferienende.

Am 19. September 2017, in der Woche vor der Bundestagswahl, wurde dann die VHS überfallartig geschlossen wegen angeblich gravierender Brandschutzmängel. Welche Mängel neu entdeckt worden seien, die nicht bereits im Brandschutzgutachten 2012 alle aufgelistet waren, konnte bis heute nicht erklärt werden. Das leerstehende Gebäude wurde bis Dezember von einem Wachdienst für 6000 €/Woche gesichert, so dass niemand Zutritt erlangen konnte. Am 7. Dezember 2017 nickte die große Ratsmehrheit von SPD, CDU, BAMH, Grünen und FDP die Verwaltungsvorlage ab, mit der per teuren Gutachten, bezahlt über die verbliebenen, zur VHS-Sanierung vorgesehenen 1,8 Mio. €, untersucht werden soll, ob auf Dauer der Neubau einer VHS, auf städtischem oder auf fremdem Grundstück, oder eine Sanierung der bisherigen VHS finanziell günstiger sei. Der Antrag von MBI, Linken und WirAusMülheim, unverzüglich die Brandschutzsanierung wieder durchzuführen und die VHS zum neuen Semester zumindest in den sanierten Teilbereichen wieder stattfinden zu lassen, wurde von der o.g. Mehrheit ohne Diskussion nieder gestimmt.

Im Januar 2018 präsentierte die Verwaltung 2 Gebäude, von denen 1 als Interims-VHS auf 5 oder 10 Jahre angemietet werden sollte. Der Rat entschied sich am 22. Februar ohne Vorberatung in anderen Gremien für das ehemalige AEG-Fabrikgebäude an der Aktienstraße. Weil erst einmal nur ca. 2000 qm für VHS umgebaut werden konnten, sollten noch zusätzlich 1000 qm im ehemaligen Deichmann-Gebäude Schloßstr. angemietet werden, doch der Vermieter spielte nicht mit, weil das Cafe Alex im Untergeschoss durch viele Migranten aus VHS-Kursen gestört hätte werden können. Deshalb wurden weitere ca. 1200 qm an der Aktienstr. zusätzlich für VHS umgebaut und später ebenfalls auf mind. 5 Jahre angemietet.

Im März 2018 beschloss die BI „Erhalt unserer VHS in der MüGa“ ein vorbeugendes Bürgerbegehren, dessen Text bei „der Stadt“ eingereicht werden musste, damit diese wie vorgeschrieben eine Kostenschätzung einfügen konnte. Die Kämmerei gab 16 bis 20 Mio. € an. Die selbe Verwaltung hatte die Kosten für die gesetzlich notwendige Brandschutzsanierung und Trinkwasserleitungen 2015 mit 4,2 Mio. € angegeben, gemäß Brandschutzgutachten von 2012. Der Architekt der VHS, Dietmar Teich, schätzte aktuell die Brandschutzsanierung auf 2 Mio. € und erklärte sich bereit, dies mit einem Gutachten auf eigene Kosten zu belegen, doch dies wurde barsch abgelehnt und ihm jeder Zugang zum Gebäude strikt untersagt.

Im April 2018 erklärte der Rechtsdezernent das Bürgerbegehren für unzulässig. Dessen ungeachtet startete die BI im Mai 2018 die Unterschriftensammlung und konnte Anfang Juli bereits 11.000 Unterschriften einreichen, ca. 6600 wären nötig gewesen. Der Stadtrat stimmte Ende August 2018 mehrheitlich für die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens. Dagegen wurde im November 2018 Klage beim Verwaltungsgericht eingelegt.

Im Oktober 2018 stellte sich auf MBI-Nachfragen heraus, dass die im Ratsbeschluss vom 7.12.17 vorgesehene EU-weite Ausschreibung des Gutachtens zur VHS-Zukunft eigenmächtig von der Verwaltung unterlassen und in eine freihändige Vergabe abgeändert worden war. Im Rat am 8. November 2018 wurde der MBI-Antrag, die gesamte, noch nicht endgültige Vergabe anzuhalten und den Architekten Teich um das versprochene Gutachten zu bitten, mehrheitlich abgelehnt.

Am 26. März 2019 fand die mündliche Verhandlung beim Verwaltungsgericht Düsseldorf statt. Das Gericht erklärte das Bürgerbegehren für unzweideutig zulässig, brummte der Stadt 100% der Verfahrenskosten auf und erwirkte den „Vergleich“, dass der fällige Bürgerentscheid nicht sofort, sondern bis Ende Oktober stattfinden solle, nachdem das von der Stadt für spätestens Mitte Juni angekündigte Gutachten vorliege, so dass der Rat sich dem Bürgerbegehren anschließen und einen Entscheid an der Wahlurne überflüssig machen könne.

Am 21. Juni 2018 verkündete Kämmerer Mendack, das Gutachten läge erst nach der letzten regulären Ratssitzung vor den Sommerferien, dem 27. Juni, vor. Im Rat am 27. Juni 2019 wurde zähneknirschend und mit beschämendem Niveau der 12. Juli für eine Ratssondersitzung festgelegt, wo der Rat sich dem zulässigen Bürgerbegehren anschließen kann.

Am 28. Juni 19 präsentierten Kämmerer und Gutachter ihre Ergebnisse vorab den Ratsvertreter/innen. Wenig überraschend erklärten sie die langjährige Anmietung des für eine sinnvolle VHS nicht geeigneten Gebäudes an der Aktienstr. für die mit Abstand billigste Variante und schraubten die angeblichen Kosten für Sanierung und Nutzung des leerstehenden VHS-Denkmals in der MüGa auf sagenhafte über 30 Mio. € hoch.

Am 12. Juli 2019 findet nun die ungeliebte Sondersitzung des Rates statt und es ist kaum zu erwarten, dass die Ratsmehrheit sich bei der gesamten Vorgeschichte und den Fantasiesummen des „Gutachtens“ dem Bürgerbegehren anschließen wird. Also wird für Mitte Oktober ein Termin für den dann fälligen Bürgerentscheid festgelegt werden müssen.

 

Ergebnis der Ereignisse seit dem denkwürdigen 19. Sept. 2017 ist folgendes:

Die vorher bestens funktionierende Mülheimer VHS mit über 500 Kursen bot zum letzten Semester 43% weniger Kurse an als vor der überfallartigen Schließung im Sept. 17 und auch die Anmeldungen sind selbst für diese Restkurse insgesamt eher rückläufig.

Die VHS-Saga – ein Riesenskandal und ein abgekartetes, böses Spiel?!

Warum das Ganze? Die Vermutung liegt nahe, dass es bereits heiße Interessenten (manche sagen Immobilienspekulanten) gibt für dieses absolute Sahnegrundstück der Stadt am MüGa-Rand und als Teil des gesamten Kulturensembles mit Schloß Broich, Ringlokschuppen, Camera Obscura und Stadthalle mit dem MüGa-Park und u.a. dem beliebten Wasserspielplatz direkt neben der VHS.