Essen/Ruhrgebiet: Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur zeichnet ein geschöntes Bild

Knapp 19.000 Personen ist auf dem Gebiet des Ruhrbistums Essen im Juni 2021 der Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit gelungen – so zeigt es die offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Doch nur gut ein Drittel dieser Arbeitslosen hat tatsächlich eine bezahlte Beschäftigung aufgenommen – 66 Prozent werden aus anderen Gründen nicht in die Statistik hineingerechnet. Sie zählen nicht mehr als arbeitslos, weil sie beispielsweise gerade krank oder auf Grund von Erziehungs- oder Pflegezeiten für das Arbeitsamt vorübergehend nicht verfügbar sind. Auch arbeitslose Menschen, die gerade an einer durch die Bundesagentur oder das Jobcenter geförderten Maßnahme teilnehmen, zählen während ihrer Teilnahme nicht als arbeitslos. Der neue Arbeitslosenreport der Wohlfahrtsverbände in NRW macht das deutlich.

„Die offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit vermittelt ein falsches Bild, gesellschaftliche Realitäten werden verfehlt“, kritisiert Matthias Schmitt, Direktor des Caritasverbandes für das Bistum Essen angesichts der Veröffentlichung des neuen Arbeitslosenreports. „Besser schaut man sich die Zahl der Unterbeschäftigten an, hier werden auch alle Personen mitgezählt, die faktisch arbeitslos sind“, sagt Schmitt. Im Juni dieses Jahres waren das laut Arbeitslosenreport 183.000 Personen im Ruhrbistum, also rund 44.000 Menschen mehr, als in der offiziellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesen werden.

Auch die Gesamtzahl der als arbeitslos erfassten Menschen, die nicht wieder in die Erwerbsarbeit zurückkehren, sei aktuell definitiv zu hoch, sagt Schmitt. „Der Arbeitslosenreport belegt einmal mehr, dass die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit nach Arbeitslosigkeit vor allem Menschen gelingt, die noch nicht lange arbeitslos sind.“ Laut Statistik schaffen das etwa 50 Prozent. „Für langzeitarbeitslose Menschen ist es viel schwerer. Nicht einmal einem Viertel gelingt der Sprung in die Erwerbstätigkeit. Wir fordern deshalb den deutlichen Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung, die für viele dieser Menschen die einzig realistische Chance zur Teilhabe am Arbeitsmarkt ist“, so Schmitt.

Um den Sprung in die Erwerbstätigkeit zu schaffen, ist man am besten männlich und/oder jung. Das belegt der Arbeitslosenreport bei der differenzierten Auswertung der Statistik nach Personenmerkmalen. „Diese Fakten sind Fachleuten längst bekannt“, kritisiert Schmitt, „es ist notwendig, arbeitslose Menschen individuell zu fördern und Unterstützungsbedarfe dem und der Einzelnen anzupassen. Der Zugang zu Erwerbstätigkeit oder einem Weiterbildungsangebot muss unabhängig von Geschlecht und Alter gewährleistet sein.“

Ältere Menschen und Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten wie Wohnungslose und Suchtkranke hätten ohne öffentliche Förderung kaum Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt, so Schmitt. Für sie brauche es zusätzliche Förderinstrumente, die eine Weiterbeschäftigung mit Lohnkostenzuschuss und Arbeitsvertrag notfalls bis zur Rente möglich machten.

Die Wohlfahrtsverbände fordern deshalb verstärkte Anstrengungen von Unternehmen und der öffentlichen Hand, um Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass viele teilhaben können.

Pressenews des Caritasverband für das Bistum Essen e.V.

 

Anmerkungen dazu von Michael Schulze – DUISTOP:

Die geschönten Zahlen sind alle lange bekannt und eigentlich keine wirkliche News wert. Dennoch sollte man immer wieder daran erinnern wie mit Arbeitsmarkt-Zahlen jongliert wird – z.B. seitens der Politik.

Und da gerade Wahlkampf ist, habe ich die Gelegenheit genutzt.

Die in der Pressenews enthaltene Kritik der Caritas ist allerdings auch nicht ganz uneigennützig. So buhlen ebenfalls bereits lange die Sozialkonzerne genau um dieses Klientel welches durch das Arbeitsmarktraster fällt und bringt damit sein eigenes Angebots- und Leistungsspektrum ins Spiel. Mit anderen Worten: Man verdient möglicherweise auch ganz gut genau an der Situation die man kritisiert.

https://www.ida.caritas.de/wirueberuns/wirueberuns

https://www.ida.caritas.de/wirueberuns/mitgliederzahlen/mitgliederzahlen

https://www.caritas.de/magazin/schwerpunkt/langzeitarbeitslosigkeit/langzeitarbeitslosigkeit

Hintergrund:
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport NRW“. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen.
Mehr auf www.arbeitslosenreport-nrw.de.