Alles für die Immobilienbranche – alles!

In meinem letzten Artikel

http://www.viewww.de/123/duistop-forum/2021/07/27/tief-tiefer-am-tiefsten-aus-dem-lehrbuch-fuer-obs-planungsdezernenteninnen-udgl/

habe ich auf anschauliche Art und Weise versucht eine Einstimmung für das zu erzeugen was nun folgt.

Im Prinzip geht es um zwei aktuelle stellvertretende Beispiele für die Ignoranz unserer kommunalen Verantwortlichen gegenüber der Umwelt, dem Klima und der Bürgerschaft, für die Arroganz ihrer selbst sowie für die Penetranz mit der sie der Immobilienbrache ohne Rücksicht auf Verluste den Hof machen.

Das Ganze ist natürlich kein neues Thema, sondern aufmerksame LeserInnen dürften die Entwicklung schon seit Jahren bemerken.

Hier ein aktuelles Beispiel aus Mülheim-Ruhr, heute übermittelt von den MBI:

Im WAZ-Interview vom 26.7.2021 „Wir brauchen den Flughafen“ fragt der Interviewer, selbst Mülheimer und jahrzehntelang glühender Verfechter eines Flughafenausbaus Essen-Mülheim, den Mülheimer OB Buchholz (CDU) wie folgt (Zitat):

„Werden Sie jetzt Bauprojekte direkt an der Ruhr unterbinden?“

Antwort von Buchholz: „Auf keinen Fall. Wir wollen das Ruhrgebiet nicht entvölkern. Bauprojekte zu verbieten, ist doch kein Hochwasserschutz. Voraussetzung ist natürlich, dass die Investoren ihrer Verpflichtung nachkommen und ihre Gebäude vor möglichen Fluten ausreichend schützen. Dort werden wir auf die Auflagen besonders achten.“

Diese Aussage eines von Schwarz-Grün getragenen OB ist sowohl verstörend als auch bemerkenswert. Es ist auch eine Antwort auf den MBI-Antrag vom 20.7.2021 zu vorbeugendem „Hochwasserschutz in der Mülheimer Stadtplanung, u.a. Tabuzonen für weitere Bebauungen in und an den Ruhruferzonen sowie im und am Rumbachtal“.
Nur soviel zu den OB-Aussagen: Die MBI-Forderungen befinden sich im völligen Einklang mit Erkenntnissen nahezu aller Wissenschaftler und den Erfahrungen fast aller „normalen“ Menschen. Man denke nur an das kürzliche Interview in der lokalen WAZ mit dem renommierten Klimaexperten Hans-Peter Winkelmann zum Thema „Hochwasser in Mülheim: Wo die Stadt endlich umdenken muss“, der u.a. wie folgt zitiert wurde: „Die Stadt muss Bauprojekte neu überdenken, … , schon Ruhrbania hätte man so nicht gestalten dürfen.“

Zu der OB-Aussage, das Ruhrgebiet würde entvölkert, wenn man Bauprojekte direkt an der Ruhr unterbinden würde, folgendes: Mülheim hatte 1971 fast 193.000 Einwohner, heute sind es noch ca. 172.000, trotz der starken Zuwanderung der letzten Jahre. Die Stadt hat sich nicht „entvölkert“ wegen Bauverboten in hochwasserrelevanten Flächen, denn seither sind gerade inflationär Neubauten besonders in den attraktiven Wasserlagen oder in Landschaftsschutzgebieten entstanden. Der Bevölkerungsrückgang hatte dagegen bekanntermaßen ganz andere Gründe. Deshalb ist die Aussage des OB auch ziemlich platt um bestimmte Bau- und Immobilienhändler zu beruhigen. Man denke u.a. an den MWG und sein großes Wohnbauprojekt auf dem Lindgens-Areal in Ufernähe.
Zukunftsgerichtet bzgl. Gewerbeflächen, Wohnungsmangel und Bevölkerungsentwicklung aber wäre es, sich erst einmal mit den durch die Coronamaßnahmen stark veränderten Realitäten zu befassen, nämlich die mit Corona verbundene Beschleunigung von Homeoffice sowie das Absterben von Teilen der Innenstadt als Einkaufszentrum wegen des Internethandels und der Explosion der Lieferdienste zur Kenntnis zu nehmen. Dafür Konzepte zu entwickeln ist das Gebot der Stunde, nicht weitere Baugenehmigungen in hochwasserrelevanten Gebieten. Wie kann man z.B. die aktuellen und noch unweigerlichen kommenden Leerstände umnutzen? Auch deshalb ist dringend ein Umdenken in der gesamten Stadtplanung vonnöten, denn die Zeit dafür ist eher überreif!
L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher

Und hier das aktuelle zweite Beispiel aus Duisburg, gefunden auf der Website www.ulrics.blog:

https://ulrics.blog/2021/07/27/spd-lehnt-in-duisburg-pv-pflicht-fuer-neubauten-als-mode-ab-klimaschutz/

In seinem Blogbeitrag schildert Ulrich Scharfenort, dass er bereits im letzten Jahr eine Kommunalpetition, genauer am 5. Juni (Tag der Umwelt), einreichte, bei der es um den verpflichtenden Einbau von Photovoltaik-Anlagen bei Neubauten ging.

Ein Jahr später erst erhielt er eine Antwort die ihn nach eigenen Angaben fassunglos macht und der Drucksache 21-0498 im Ratsinformationssystem zu entnehmen ist. Darin heisst es u.a. (Zitat): „Anders als im Falle der Dachbegrünung, die inzwischen bei allen neu zum Satzungsbeschluss geführten Bebauungsplänen bei Vorliegen städtebaulicher Gründe verbindlich festgesetzt wird, liegen zu einer Verpflichtung zur Errichtung und Betrieb von PV-Anlagen noch keine ausreichenden gerichtlichen Überprüfungen vor.“

Scharfenort folgert daraus, dass man bei der Stadt die Nutzung von Photovoltaikanlagen als Modeerscheinung abtut, die sich plötzlich ändern könnte.

Scharfenort weiter (Zitat): „Mit solchen Antworten zeigt sich für mich, wie sehr die dominierenden Parteien in Duisburg Klimaschutz heucheln, aber wenn es konkret wird, nichts tun wollen und bizarre Ausreden zusammentragen und verzögern. Dies kostet Menschenleben!“

Fazit:

Dass es anders gehen kann zeigt Berlin:

https://www.pv-magazine.de/2021/06/17/berlin-beschliesst-photovoltaik-pflicht-fuer-neue-wohn-und-nicht-wohngebaeude-ab-2023/

Dass es anders gehen muß wird sich zeigen.

Nachwievor offen bleibt die Frage warum die Stadtoberen den Immobilienleuten so dermaßen den Hof machen – in vielen Kommunen. Geht es nur darum Leuchtturmprojekte zu haben mit denen man in besserem Licht erscheint als es tatsächlich der Fall ist oder geht es um viel handfestere Gründe?